Am 25. September werden vier Vorlagen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Reform der AHV und die damit verbundene Erhöhung der Mehrwertsteuer, der Selbstbehalt und die industrielle Agrarinitiative. Dass dieses Stimmpaket zur Wahl geht, entspricht der üblichen Praxis, den Wählern schnell abstimmungsreife Vorschläge zur Entscheidung zu unterbreiten.
Warum: Das Bundeskanzleramt denkt immer noch über eine Spaltung nach. Dies zeigen die Dokumente, die der Blick aufgrund des Öffentlichkeitsarbeitsgesetzes erlangt hat. Zentralkanzler Walter Thurnherr (58) schickte zunächst zwei Varianten zur Beratung an die Generalsekretäre der Ressorts.
Alles tragen oder aufteilen?
Nach der ersten Variante sollen alle vier Vorlagen für den 25. September terminiert werden. Damit würde aber der 27. November als eidgenössischer Abstimmungstermin wegfallen, da derzeit keine abstimmungsreifen Initiativen oder Volksabstimmungen vorlägen, erklärte Thurnherr. Damit würden auch jene Kantone entlastet, die für November keine kantonalen Vorlagen vorbereitet haben. Und so könne die Bundesregierung “weniger Einsparungen beim Druck von Stimmzetteln” verbuchen.
Erfahren Sie mehr über die Umfragen vom 25. September
Die zweite Variante sah eine gestaffelte Abstimmung vor: Während die AHV-Vorschläge im September in die Urnen gelangt wären, hätte die Bevölkerung im November über Beibehaltung und industrielle Landwirtschaft entscheiden können. Das Bundeskanzleramt sieht hier einen Vorteil bei einer “gleichmäßigen Abstimmungsquote”. Zudem profitieren kantonale Vorlagen von einem Mobilisierungseffekt durch die eidgenössische Abstimmung.
AHV als Folge des Steuerabzugs
Offiziell stuft das Bundeskanzleramt beide Varianten als „gleich“ ein – wobei das Erscheinen eines möglichen Inkrafttretens im Jahr 2023 „eher“ für die erste Variante sprechen würde.
Doch hinter den Kulissen soll es auch andere Überlegungen gegeben haben: Nach dem Steuersiegel-Debakel droht den Bürgern ein weiteres Fiasko bei der Abstimmung zum Steuerabzug. Daran könnte auch die AHV-Reform scheitern. Die Linke wird sich der Frage widmen, warum Frauen sparen sollen, während sich die Bundesregierung gleichzeitig Steuervergünstigungen leisten kann. Stimmtaktisch wäre ein reiner AHV-Sonntag aus ziviler Sicht besser.
Amherd wollte sich auf die AHV konzentrieren
Auch Rückmeldungen aus dem Verteidigungsdepartement von Zentralbundesrätin Viola Amherd (60) weisen in diese Richtung. Die VBS kann zwar mit beiden Varianten koexistieren, hat aber gewisse Präferenzen für die zweite Variante, die es erlaubt, «die Abstimmungsdiskussion auf die politisch wichtige / zentrale Darstellung der AHV-Reform zu fokussieren».
SVP-Wirtschaftsdepartementsrat Guy Parmelin (62) präferierte hingegen «aus Effizienzgründen» die erste Variante. Ebenso das Finanzdepartement von Bundesrat Ueli Maurer (71) und das Auslandsdepartement von FDP-Amtsrat Ignazio Cassis (61). Das Innendepartement von Alain Berset (50) hatte sich bereits dafür entschieden, „ihre“ drei Mitarbeiter – also AHV, MWST und industrielle Landwirtschaft – am selben Tag zu holen.
FDP-Silberschmidt erwartet eine große Mobilisierung
Aufgrund des eindeutigen Ergebnisses gibt es nun eine Single-Choice für alle vier Templates. «Die Seite, die am besten mobilisieren kann, gewinnt», sagt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (28, ZH) von einem «Super-Sonntag». Im Gegensatz zu anderen Bürgerlichen sieht er in der Konstellation jedoch keinen Nachteil. «Ich gehe davon aus, dass eine hohe Mobilisierung der AHV-Vorlage helfen wird», sagt er überzeugt, «ein grosser Teil der Bevölkerung hat den Handlungsbedarf erkannt.»
Alain Berset: “Die Situation der AVS wird sich weiter verschlechtern” (01:34)